Kommune ebnet Weg für größeren Puten-MaststallHöchstädter Stadtrat befürwortet Riesenstall

Vielleicht werden bald bis zu 54.000 Puten in einem Stall zwischen Höchstädt und dem Ortsteil Sonderheim gemästet. Der Höchstädter Stadtrat hat gestern Abend entschieden, einen Bebauungsplan für die Erweiterung eines bestehenden Stalls aufzustellen und im Zuge des Verfahrens die Öffentlichkeit und alle Träger öffentlicher Belange zu beteiligen.

Von: Judith Zacher

Stand: 13.12.2016 |Bildnachweis

Putenmast | Bild: picture-alliance/dpa

Der Bebauungsplan ist nötig, da die Anlage durch die Erweiterung eine Größe annimmt, durch die sie nicht mehr als privilegiertes landwirtschaftliches Bauvorhaben gilt, sondern als industrielle Anlage und damit gewerblichen Charakter hat.

Mehr Puten - mehr Geld für die Stadt

Die Höchstädter Stadträte stimmten für die Erweiterung des Maststalls - mit nur einer Gegenstimme. Laut zweitem Bürgermeister Stephan Karg freue man sich über die Gewerbesteuereinnahmen. Außerdem habe man die bestehenden Anlage vor Ort besichtigt und für in Ordnung befunden. Dritter Bürgermeister Hans Mesch fügte an, es handle sich beim Betreiber um eine ortsansässige Familie, landwirtschaftliche Familienbetriebe müsse man unterstützen.

Antibiotika führen zu Resistenzen

Stadtrat Wolfgang Konle, der gegen das Vorhaben stimmte, gab zu Bedenken, dass die Belastung durch multiresistente Keime durch den Antibiotika-Einsatz in solchen Anlagen steige. Auch das Grundwasser werde belastet, so Konle weiter. Er sprach sich gegen Massentierhaltung dieser Art aus. Er erntete dafür Beifall von Vertretern des Aktionsbündnis "Stoppt den Saustall", die die Stadträte mit Informationsblättern zum Thema Massentierhaltung versorgten.

Die Antragstellerin möchte die Anlage mit maximal 54.000 statt den bisher 40.000 Tieren auf einmal besetzen. Die Großfamilie, also auch weitere Verwandte der Antragstellerin, betreiben rund um Sonderheim sowie in Ziertheim im Landkreis Dillingen bereits mehrere Putenmastställe.

Widerstand gegen Erweiterung

Tierschützer wollen den Bau verhindern. Sie sind zum einen gegen Massentierhaltung an sich, dazu kommt aber, dass es in der Gegend bereits andere Puten- und weitere Mastställe gibt. Deshalb sprechen Kritiker schon von einem "Puteneldorado" bei Höchstädt. 
Im Jahr 2015 hatte ein Putenmastbetrieb in Ziertheim im Landkreis Dillingen für Schlagzeilen gesorgt, weil Tierschützer dort offensichtlich unhaltbare Zustände gefilmt hatten. Die Staatsanwaltschaft ermittelte in diesem Fall, der Betreiber musste eine Geldstrafe zahlen.

Bisher werden am Standort bei Sonderheim drei Mal jährlich 40.000 Putenküken aufgezogen, d.h. zum selben Zeitpunkt dürfen dort maximal 40.000 Puten gehalten werden. Durch eine Erweiterung um 2.700 Quadratmeter sollen zum gleichen Zeitpunkt maximal 54.000 Puten gemästet werden.

Kommunen dürfen mitentscheiden

2013 wurde der Weg für die Genehmigung von großen landwirtschaftlichen Anlagen erschwert: ab 39.900 Tieren ist der Bau nicht mehr privilegiert. Er wird also nicht einfach genehmigt. Es muss ein Bebauungsplan aufgestellt und eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden sowie die Öffentlichkeit beteiligt werden. Das wurde so entschieden, um den Kommunen mehr Mitspracherecht zu geben: Eine Kommune kann sich damit theoretisch einfach gegen die Aufstellung eines Bebauungsplans entscheiden, dann gibt es keinen Stall.

Aviäre Influenza-Vogelgrippe-Klassische Geflügelpest: Gefährdung für Menschen?

 

 

Auch 2016 wurden sowohl in Deutschland als auch weltweit viele Geflügelhaltungen mit HPAI H5N8 gekeult. Wieso eigentlich?

 

Was bedeutet HPAI H5N8?

 

Man unterscheidet bei der Vogelgrippe (auch Aviäre Influenza genannt) zwischen hochansteckenden (HP) und wenig ansteckenden (LP) Erregern. Diese bezeichnet man HPAI (High Pathogenic Avian Influenza, Klassische Geflügelpest)  und LPAI (Low Pathogenic Avian Influenza, Vogelgrippe).

 

Zudem werden die einzelnen Subtypen durch Unterschiede auf ihrer Hülle charakterisiert.

 


Quelle: 1)

 

H= Hämagglutinin

N= Neuraminidase

 

Hier finden sich H1 bis H16 sowie N1 bis N9. Von diesen 144 Kombinationen (Subtypen) findet sich sowohl ein HPAI als auch ein LPAI.

Z.B.

LPAI H5N1, ein wenig ansteckendes Virus oder

HPAI H5N1, ein stark ansteckendes Virus.

 

Der derzeitige Typ, HPAI H5N8, ist für Hühner und Puten gefährlich, da diese an der Infektion rasch versterben. Es gibt bislang keine bekannten Fälle einer Erkrankung von Menschen an HPAI H5N8. 

 

Wieso wird nicht dagegen geimpft?

 

Eine Impfung ist möglich 2), gegen H5 und H7 Subtypen jedoch in Deutschland nicht erlaubt. Warum?

a) Um herauszufinden, ob ein Tier an AI erkrankt oder verstorben ist, werden Teste auf Antikörper durchgeführt. Ein geimpftes Tier würde jedoch immer Antikörper gegen AI aufweisen und wäre somit nicht von einem „wild“ infizierten Tier zu unterscheiden.

b) Außerdem kann das Influenzavirus relativ rasch von LPAI zu HPAI mutieren und es herrscht die allgemeine Übereinkunft, dass HPAI H5 sowie HPAI H7 dem Menschen gefährlich werden können. In einem mit LPAI geimpften Tier könnte sich somit ein für den Menschen gefährlicher Erreger entwickeln. 3)

Welche Tiere werden gekeult?

 

Bei einer Untersuchung werden Antikörper gegen Influnza A Viren festgestellt. Im zweiten Schritt wird untersucht, ob ein H5 oder H7 Subtyp vorliegt (Subtypisierung). Bei Nachweis eines H5 oder H7-Erregers wird untersucht, ob HPAI oder LPAI vorliegt (Pathotypisierung).

Bereits nach erfolgtem Nachweis eines H5 oder H7 Erregers (ohne erfolgte Pathotypisierung) bei einem Tier wird in großräumigem Umfeld ohne weitere Teste gekeult.

 

Zusammenfassung:

Nach Übereinkunft der Wissenschaftler sind H5 und H7 Subtypen für den Menschen gefährlich und auch nur dann, wenn sie in der hochansteckenden Form vorliegen. Daher sind Subtypen wie H9  nicht meldepflichtig 4). Es gibt keine Übersicht über Infektionen mit H9.

 

Wird alles getan, um Menschen vor einer Infektion vor Vogelgrippe zu schützen?

 

Nach Übereinkunft der Wissenschaftler sind diese Maßnahmen, die u.a. zur Tötung und Entsorgung vieler gesunder Tiere führen, erforderlich und ausreichend.

Auch, wenn z.B. LPAI H5N3 nur zu einer 2-3 wöchigen Müdigkeit der betroffenen Tiere führt, für Menschen ungefährlich ist und mit genau diesem Erreger in anderen Ländern geimpft wurde (der Impfstoff war in der EU zugelassen 2)), wurden 2008 über 610.000 gesunde Tiere in Deutschland wegen eines Nachweises dieses Erregers bei einer Routinekontrolle gesunder Tiere getötet und entsorgt. 3)

Seit 1998 treten in Asien immer wieder Infektionen bei Menschen mit LPAI H9N2 auf 5,)6)7), obwohl dieser Erreger nicht hochansteckend ist. Die Symptome beim Menschen ähneln denen einer Erkältung mit Fieber, Schüttelfrost und Husten mit Auswurf. Der HKU Mikrobiologe Prof. Yuen Kwok-yung wies 2013 daraufhin, dass trotz der üblicherweise milden Symptome einer LPAI H9N2 Infektion beim Menschen diese für Ältere sowie Personen mit einem geschwächten Immunsystem gefährlich sei.

Auch in Deutschland treten seit 2013 in Massentierhaltungen immer wieder Infektionen mit dem weder anzeige- noch meldepflichtigen Subtyp LPAI H9N2 auf. 4) Daher besteht mittlerweile die Möglichkeit der Impfung der Geflügelbestände gegen H9N2. 4)

 

Welche Fragen werfen sich nun auf:

 

Wieso wird bei einem Subtypen, der erwiesenermaßen bereits als wenig ansteckende LPAI Variante

auf den Menschen übertragen werden kann und dies bereits seit 18 Jahren bekannt ist, geimpft und

auf eine Meldepflicht verzichtet?

Hingegen ist bei einer für den Menschen bis dato völlig ungefährlichen HPAI Variante die Impfung

verboten, betroffene Tiere sowie völlig gesunde Bestände werden zu hunderttausenden gekeult statt

diese zu testen und gesunde Tiere zu verschonen. Warum?

Julia Buschmeyer

 

Quellen:

1)            Dr. Bernhard Peter, Pionierhöhe 29A, D-56075 Koblenz , © Copyright Text, Graphik und

Photos: Bernhard Peter 2006

2)           European Medicines Agency, Poulvac FluFend H5N3 RG EMA/343824/2006: Am 01.09.2006 erteilt die Europäische Kommission eine Genehmigung für das Inverkehrbringen von Poulvac FluFend H5N3 RG in der gesamten Europäischen Union.

3)           Tiergesundheitsjahresbericht 2008, 9. Jahrgang 2009, ISSN 1867-9374, Herausgeber: Friedrich Löffler-Institut: S. 34  Im Landkreis Cloppenburg kam es zwischen dem 16.12.2008 und dem 19.01.2009 zur amtlichen Feststellung von insgesamt 33 Ausbrüchen von H5N3 LPAI beim Hausgeflügel.[...] Auch die klinisch stumme Vermehrung niedrigpathogener Varianten der AIV Subtypen H5 und H7 ist mit dem Risiko verbunden, dass Virusmutanten mit erheblich gesteigerter Pathogenität (hochpathogene AIV, HPAIV = Geflügelpest) entstehen und somit ein neues Geflügelpestvirus „geboren“ und verbreitet werden kann.[...] S. 35 Im Rahmen dieser seuchenhygienischen Maßnahmen wurden insgesamt etwa 610.000 Tiere getötet.

4)           Tiergesundheitsjahresbericht 2015, 16. Jahrgang 2016, ISSN 1867-9374, Herausgeber: Friedrich Löffler-Institut: S. 42-44 Auffallend bleibt die hohe Inzidenz von H9N2 Infektionen in Putenbeständen, vor allem in Niedersachsen. Bereits seit 2013 wurden H9N2 Infektionen in dieser Region beobachtet. Infektionen mit H9N2 Viren, die weder anzeige-noch meldepflichtig sind, traten wie in den Vorjahren verbreitet vor allem in Putenbeständen Niedersachsens auf. Weitere vier Geflügelbestände waren von nicht-anzeigepflichtigen Infektionen mit anderen Subtypen aviärer Influenzaviren betroffen.[...]Auf Antrag genehmigt das Land Niedersachsen Impfungen mit bestandseigenen (autogenen) H9N2 Impfstoffen. Im Antragsverfahren fällt dem Nationalen Referenzlabor (NRL) für Aviäre Influenza dabei die Aufgabe zu, H9N2 Isolate, die als autogener Impfstoff vorgesehen sind, auf Freiheit von Kontaminationen mit AIV der Subtypen H5 und H7 zu untersuchen und die Identität „H9N2“ zu bestätigen. (Anmerkung: Bei dem Nationalen Referenzlabor handelt es sich um das FLI)

5)           Tiergesundheitsjahresbericht 2003, 4. Jahrgang 2004, ISSN 1867-9374, Herausgeber: Friedrich Löffler-Institut: S.31, 1998/99 wurden in Hongkong und China bei Menschen und Schweinen Infektionen mit einem gering pathogenen Influenzavirus H9N2 nachgewiesen, das bei Hühnern und Puten in der Region verbreitet war.

6)           South China Morning Post, 30.12.2013, Edition: International:

Hong Kong sees first case of H9N2 avian flu in four years […] The man arrived at the Lo Wu border crossing suffering from chills, a cough and excess sputum. He was then taken to a hospital in an ambulance. He developed a mild fever in the hospital.[...] Both Centre for Health Protection controller Dr Leung Ting-hung and HKU microbiologist Professor Yuen Kwok-yung said that the H9N2 strain usually caused a mild infection. […] However, the strain could be serious for the elderly and those with a weak immune system, Yuen said.[...]   Sources of human infection H9N2: chickens, ducks, magpies, sparrows, waterfowl […] Number of cases H9N2 11 in southern China since 1998

7)           Influenza at the human-animal interface: Summary and assessment, 21 January to 25 February 2016, World Health Organisation:

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Avian influenza A(H9N2) viruses: Current situation:

One human infection with avian influenza A(H9N2) virus was reported from China. The case was a 57-year-old female from Sichuan Province. Date of illness onset is unknown as the patient was hospitalized on 9 February 2016 with a history of recurrent productive cough with fatigue and shortness of breath during the past year. The patient has chronic underlying conditions. On 16 February 2016, a sample from this patient tested positive for A(H9N2) virus. The patient remains hospitalized and epidemiological investigations including contact monitoring are ongoing. A total of 28 laboratory-confirmed cases of human infection with avian influenza A(H9N2) viruses, none fatal, have been detected globally. In most human cases, the associated disease symptoms have been mild and there has been no evidence of human-to-human transmission. Influenza A(H9N2) viruses are enzootic in poultry populations in parts of Africa, Asia and the Middle East. The majority of viruses that have been sequenced belong to the A/quail/Hong Kong/G1/97 (G1), A/chicken/Beijing/1/94 (Y280/G9), or Eurasian clades.